SPD-Mitgliedervotum mit Signalwirkung für Berlin – SPD Straubing Stadt & Land diskutiert Koalitionsvertrag offen und kritisch

21. April 2025

Auf Einladung des SPD-Unterbezirks Straubing und des stellvertretenden Vorsitzenden der NiederbayernSPD, Marvin Kliem, fand am Gründonnerstag eine Diskussionsveranstaltung zur aktuellen Koalitionsbildung auf Bundesebene in der voll besetzten Demokratiewerkstatt der SPD in Straubing statt. Im Mittelpunkt stand der noch nicht verabschiedete Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU. Bundestagsabgeordneter Johannes Schätzl stellte sich im Rahmen der Veranstaltung den Fragen der Mitglieder aus dem gesamten Unterbezirk – engagiert, offen und dialogorientiert.

Die Veranstaltung stieß dabei auf großes Interesse bei der Parteibasis. „Unser Ziel ist es, politische Entscheidungen nicht nur wie bei der CSU zu verkünden, sondern transparent zu machen, zu hinterfragen und gemeinsam mit allen Mitgliedern zu diskutieren“, betonte Stadtparteivorsitzender Karbstein in seiner Begrüßung.

Koalitionsvertrag unter der Lupe

MdB Johannes Schätzl hob in seinem Eingangsstatement die Stärken des Koalitionsvertrags hervor – insbesondere in den Bereichen Bildung, Digitalisierung und Wirtschaft. Gleichzeitig machte er aber deutlich, dass es noch erheblichen Nachbesserungsbedarf gäbe, insbesondere in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. „Gerade hier müssen wir als SPD unsere Handschrift in der eventuell zukünftigen Koalition noch deutlicher machen. Die Menschen erwarten von uns soziale Gerechtigkeit und verlässliche Perspektiven – nicht Kompromisse um jeden Preis“, so Schätzl.

Kritik übte er an der voreiligen Einordnung des Vertrags durch CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz, der zentrale Inhalte bereits öffentlich relativiert hatte. „Das Mitgliedervotum in der SPD ist noch nicht einmal abgeschlossen, und trotzdem wird schon Stimmung gegen den Vertrag gemacht – das ist ein Affront und schädigt schon jetzt unsere Zusammenarbeit“, so Schätzl.

Kritik und klare Worte aus der kommunalen Praxis

Altbürgermeister Hans Lohmeier brachte es pointiert auf den Punkt: „Was wir hier erleben, ist mangelnde Regierungserfahrung der Union gepaart mit einem Übermaß an Selbstüberschätzung.“ Er befürchtet, dass die in Aussicht gestellten SPD-Minister*innen in der Öffentlichkeit erneut untergehen könnten – nicht, weil sie schlechte Arbeit leisten, sondern weil die politische Bühne von populistischen Tönen aus den Reihen von CSU und CDU dominiert werde.

Peter Stranninger, Vorsitzender des SPD-Unterbezirks, nutzte die Gelegenheit zu einem grundsätzlichen Vergleich: „Während bei der CSU die Parteispitze entscheidet und die Basis bestenfalls klatschen darf, leben wir aber bei uns in der SPD in einer Mitgliederpartei mit einem demokratischen Anspruch. Unser Mitgliedervotum ist ein echtes Beteiligungsinstrument – und ein starkes Signal nach Berlin.“

Kommunale Anliegen stärker berücksichtigen

SPD-Fraktionsvorsitzender Peter Euler sowie Alt-Oberbürgermeister und MdL a.D. Reinhold Perlak richteten den Blick auf die kommunalen Auswirkungen des Koalitionsvertrags. Insbesondere das sogenannte Konnexitätsprinzip – die Verantwortung des Bundes, Kommunen bei übertragenen Aufgaben finanziell auszustatten – sei noch immer unzureichend berücksichtigt. „Das ist keine Petitesse, sondern eine überfällige Frage der Gerechtigkeit gegenüber den Städten und Gemeinden, die immer wieder auf den Kosten sitzen bleiben.“

Junge Stimmen für mehr Zukunftsorientierung

Auch die Juso-Kreisvorsitzende Lisa Schardt meldete sich zu Wort und äußerte deutliche Kritik am fehlenden Fokus auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit. „Wenn wir über Generationengerechtigkeit sprechen, dann darf das Klima nicht bloß Randnotiz sein. Der Vertrag bleibt hier deutlich hinter den Erwartungen zurück.“

Ein Appell an die Verantwortung – und ein Signal für Berlin

Marvin Kliem brachte die Diskussion auf den Punkt: „Wenn wir als SPD an der Bundesregierung beteiligt sind, dann müssen wir den Mut haben, die notwendigen Investitionen in unser Land auch gegen Widerstände durchzusetzen. Bezahlbares Wohnen, stabile Sozialsysteme, moderne Infrastruktur – all das wurde bisher und wird sehr wahrscheinlich weiter von der Union blockiert.“

Gerade im Hinblick auf die politische Lage waren sich alle einig, dass die Entscheidung eines jeden Mitglieds von besonderer Verantwortung sei. Die Herausforderungen – ob in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, beim Klima oder in der Migrationsfrage – dulden keine einfachen Antworten, aber sie brauchen klare Haltungen. Die aktuellen von der Union angefeuerten Debatten zur Migrationspolitik zeigen deutlich, wie sehr es an durchdachten, humanen und praktikablen Lösungen fehlt. „Statt echter Steuerung erleben wir reine populistische Symbolpolitik und zunehmend eine Rhetorik, die nur den rechten Rand stärkt.“, so Kliem. Umso wichtiger sei es aber aus Sicht Schätzls, dass man als SPD bereit sei, Verantwortung für eine stabile und handlungsfähige Regierung zu übernehmen – nicht aus machtpolitischem Kalkül, sondern weil das Land sonst Gefahr läuft, in einen politischen Stillstand mit schwarz-braunen Machtfantasien zu geraten. Das Mitgliedervotum sei dabei nicht nur eine Entscheidung über einen Vertrag – es sei auch ein Richtungszeichen für demokratische Verantwortung in schwierigen Zeiten.

Am Ende der intensiven Diskussion des Für und Wider stand allerdings ein gemeinsames Fazit: Das SPD-Mitgliedervotum ist mehr als nur parteiinterne Formalität – es ist Ausdruck einer lebendigen Demokratie, bei der die Mitglieder der SPD mitbestimmen, wie es politisch weitergeht. „Bei uns darf jedes Mitglied konkret mitentscheiden und unser Mitgliedervotum soll und wird auch ein Signal nach Berlin senden“, unterstrichen Jürgen Karbstein und Marvin Kliem abschließend.

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